Montag, 25. August 2014

Alle Jahreszeiten, nur kein Sommer

Sommer, wo bist du? Letzten Samstag am Alpenbrevet hast du dich wieder grossartig versteckt. Dafür hast du den anderen Jahreszeiten den Vortritt gelassen: nebliger Herbst am Grimselpass, wärmende Frühlings-Sonne im Rhône-Tal und über den Nufenenpass und Winter am Susten.

Das Rütteln über die alte Tremola am Gotthard wurde erschwert durch einen unangenehmen kalten "Anti-Föhn", der von der Passhöhe hinunter wehte. Nach überschreiten derselben zog heftiger Nebel auf. Der Wind hingegen blieb. So macht keine Abfahrt Spass. Umso mehr freute ich mich auf die lange, kurvenreiche und flowige "Schlussabfahrt" vom Sustenpass. Doch vom Herbst kamen wir direkt in den "Winter". Der Reihe nach ... Die paar Regentropfen die Schöllenenschlucht hinunter störten kaum. Auf der Auffahrt hatte ich andere Probleme als das Wetter. Der Herzschlag wurde immer langsamer, gleichzeitig sank die Steigrate von 900-1000 Hm/s auf etwa 700-800. Der Susten zog sich in die Länge. Hatte ich wieder zuwenig gegessen? Offenbar neigten sich die Kohlenhydrat-Speicher dem Ende zu und mein Körper stellt immer mehr auf Fettverbrennung um.

Das waren aber nur sekundäre Probleme. Denn auf der anderen Seite des Scheiteltunnels regnete es. Mit ein paar Grad Celsius weniger hätte es gar geschneit. Noch nie hatte ich mich mehr auf einen warmen Kaffee gefreut - Danke Cervo Rosso. Dicht gedrängt unter einem kleinen Vordach schlürfte ich den Kaffee neben anderen schlotternden Radfahren. Danach trank ich noch eine heisse Bouillon und ass ein bisschen Schokolade. Der Regen liess langsam nach. Ich wagte mich auf die kalte Abfahrt. Keine Spur mehr von der Vorfreude auf Rollen lassen. Lieber wäre ich noch ein bisschen nach oben gefahren. Die Finger klamm, der Körper schlotternd und das Rad zitternd "bremste" ich mich nach unten. Am Rand sah man immer wieder Leidensgenossen stehen mit verschrenkten Armen um die eiskalten Finger aufzuwärmen. Ich freute sich über jedes Zehntel-Grad Temperaturanstieg. Doch viel zu freuen gab es nicht. Lange blieb die Temperatur unter 5 Grad. Nur die letzen 300 Höhenmeter hinunter nach Innertkirchen konnte ich einigermassen geniessen. Die Finger waren nicht mehr so kalt und die Strassen relativ trocken. Die Temperatur hingegen blieb einstellig, aber näher bei 10 als bei 0 Grad. Immerhin. Dann noch den "Mückenstich" Aareschlucht (90 Höhenmeter) und nach Meiringen rollen - und schon war der ganze Spuk vorbei.

Um ein bisschen Sommer zu haben, hätte man in Airolo rechts abbiegen sollen - 100 Kilometer und fast 2000 Höhenmeter wäre der Preis dafür gewesen.

Kurz vor dem Start in Meiringen  
Kein Schweiss, sondern kondensierter Nebel

Einmal volltanken bitte - Isogetränk aus der Giesskanne auf dem Grimsel.

Nebel und Regen auf der Sustenpasshöhe

Kaffee!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen