Sonntag, 26. April 2015

Protokoll eines langen Tages



5 Uhr 30 - der Wecker klingelt, eine Stunde vor dem 60 minütigen Startfenster für die Langstreckler. Draussen, na ja, ich getrau mich nicht aus dem Fenster zu schauen; auf die Wettervorhersage auch nicht. Vielleicht auf den Regenradar? Nein, auch auf dieses Ritual verzichte ich dieses Mal. Zu eindeutig waren die Prognosen am Vortag. Nach einem rudimentären Frühstück in der Lobby (Müsli, O-Saft, Kaffee und ein Süssgebäck) traf ich im Zimmer die letzten Vorbereitungen. Was anziehen? was mitnehmen? Das waren die Fragen, die es zu beantworten galt. Ich entschied mich für die "sichere" Variante, will heissen, lieber zu viel als zu wenig. Es kam folgendes mit auf die Reise:

Am Körper:
  • Thermo-Unterleibchen mit Windstopper
  • dünnes Langarm-Trickot
  • Windstopper
  • Radhose plus Knielinge
  • Schuhe mit Regenüberschuh
  • Helm, Sonnenbrille, Buff, kurze Handschuhe
Folgendes kam sonst noch mit:
  • 0.8l-Bidon gefüllt mit Sponser Competition Orange
  • Regenjacke
  • Ersatzregenjacke im "Werkzeug-Bidon"
  • Kappe und lange Handschuhe
  • Gels (Sponser Long Energy und Powerbar)
  • Powerbar-Riegel
Draussen dann der erste Kleiderwechsel: Windstopper aus, Regenjacke an

Kurz vor dem nahe liegenden Start kamen doch noch ein paar Gedanken auf, wie "Was mach hier eigentlich?" "Macht das noch Spass?" Die erste Frage sollte man sich nicht stellen in solchen Momenten ;-) Die zweite ist berechtigt und die Antwort lautet: Ja, aber nicht von Anfang an.

Schon nach der erste Stunde musste ich feststellen, dass ich nasse Füsse hatte. Die Mavic-Überschuhe sind nicht ganz nicht. Ich glaub, das Wasser kam von unten rein, weil sie den Schuh nicht schön umschliessen und vermutlich auch von oben, wo das zwar eng anliegende Bündchen nicht dicht ist. Ok, andere sind von Anfang ohne Regen-Überschuhe gestartet. Vielleicht eine Option für das nächste Mal. Nasse Füsse kriegt man sowieso. Oder dann nach geeigneten Alternativen suchen? (Vorschläge sind im Kommentarfeld willkommen! ;-)

Zurück zum Spass. In den ersten zwei, drei Stunden hielt sich der Spass doch sehr in Grenzen. Bis man mal nass ist, ist's am Schlimmsten. Vor allem wenn man die benötigte Wärme nicht pedalierend erzeugen kann. Ab dem zweiten Verpflegungsstopp in Bastogne wurde es besser. Der Himmel klarte auf. Die Strecke wurde etwas weniger wellig. Richtige Flachstücke hat man trotzdem nie. Es ist ein stetes auf und ab, quasi ein langes Intervall-Training. Richtig zermürbend. Auf die Dauer fast schlimmer als das Wetter, das immer weniger ein Faktor war, weil nur noch ein kurzer Schauer durchfahren werden musste und in den letzten 2 Stunden gar die Sonne hervorkam. Die richtigen steilen und fiesen Stiche sollten erst noch kommen ab Kilometer 180. Noch weit, sehr weit. Zu weit für den Kopf. Ab km 130 musste auf dem Velo-Computer das km-Feld ausblenden und den Kopf frei zu kriegen. Das Terrain war das ideal, stets leicht abwärts. Es rollte sehr gut. Dann kamen sie: die steilen Anstiege, z.T. mit Zeitmessung und Video (im Bild rechts mit gelber Jacke und weissem Helm beim Stockeu). 20% zu drücken nach 200 Kilometer tut weh, sehr weh ...

Nach der ersten Serie dieser Stiche war der Kopf wieder bereit für das Kilometerfeld. Schliesslich waren es "nur" noch rund 70 Kilometer bis zum Ziel. Also durchaus absehbar ;-) Auch die Sonne blickte nun vermehrt hervor und konnte die regennassen Kleider ein wenig trocknen. So kam der Spass doch wieder zum Vorschein und die letzten Kilometer bis ins Ziel gingen mit viel Freude an der Sache gar etwas zu schnell vorbei.

Unterwegs gegessen habe ich stets genügend. Ich kann mich an folgende Energielieferanten erinnern:
  • 8 oder mehr Honigkuchen à 40g (mein Favorit!)
  • ca. 6 lt Iso-Zeugs
  • 1 Banane
  • 2 Waffeln à 100g
  • 3 Spekulatius
  • 3 Orangenschnitze
  • 12 Crackers
  • Handvoll Salzstangen
  • Handvoll Beeren getrocknet 
  • 4 Honigwaffeln
  • 2 oder 3 Sponser "Long Energy", plus ein "plus"
  • 1 Powerbar-Riegel
Im Ziel: 1 Bier (Leffe Blonde) und 1 Hotdog

Auffallend viele Reifenpannen waren zu beobachten am Strassenrand (viele Scherben auf Lüttichs Strassen). Ich musste den "Pechdienst" nie in Anspruch nehmen.
Honigwaffeln zur Genüge - die Verpflegung war top, wenn auch wenig Abwechslung und "grusiges" Iso-Getränk (Himbo ohne Kohlensäure?) 
Panorama vom Côte de La Redoute - dem heftigsten Anstieg 
Die Frau darf das Velo schieben, während der Mann Hotdogs futtert. :-)
No comment :-)
Selfie nach Zielankunft. Besonders interessant, sind die Dreckstreifen an der Stirn.
Spiegel-Selfie (nicht mein Velo) 
Kennzahlen des heutigen Tags
Nein, das ist nicht von der Sonne :-) 
So sehen Füsse nach 10h in der Feuchte aus. 


2 Kommentare:

  1. Johannes - ProCycling2. Mai 2015 um 10:21

    Hey! Han gester au no en witera selbstversuach unternoh wia das so isch mit da Füass im Räga :-)
    Han au sus no folgendi erfahriga gmacht:

    - Dr Winterschuah (Specialized) isch nit geeignet bi Nass. Er isch dicht, aber lauft vo oba voll und aschlüssend götschlets wia ima paar Gummistiefel :-)
    -Überzüg sind besser, känn do aber au nix wo länger als knappi stund trocha haltet. zumindescht lauft do swasser aber au wieder una usa.
    - Wasserdichti Seal Skinz socka (geschter verwendet). brucht halt chli meh platz im Schuah, aber ansuschta mini bevorzugti varianta. wobi au dia chasch usleera nochem fahra wenns so isch wia geschter. Zumindescht haltens bi 10 Grad au wenns Durchnàsst sind immer no Warm will au Winddicht.

    Schöni Fahrt im Jura!

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  2. Danke für die Tipps! Die Patent-Lösung scheints also nicht zu geben :-(

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