Samstag, 5. Oktober 2013

Von der "Eishöhle" ins Dampfbad

Die letzte Übernachtung im Zelt wurde kalt, sehr kalt. Seit dieser klaren Nacht weiss ich, dass meine Zelt-Schlafsack-Isomatte-Kombo einen leichten Frost übersteht:

Zelt mit Raueifen
Gemütlich ist's zwar nicht, nur durch eine kleine Lücke hindurch zu atmen. Mein Schlafsack bietet einiges an "coolen" Features im wörtlichen Sinn: die Reissverschlüsse sind nicht "nackt", sondern dick gepolstert. Dazu existiert ein kleines Band, welches etwa auf Brusthöhe den Körper umschliesst, so dass möglich wenig Wärme entweichen kann. Viel effektiver ist jedoch, dass man ihn mit einer Kordel etwa auf Halshöhe zu ziehen kann. Zusammen mit der ebenfalls fast verschliessbaren Kapuze bleibt so ganz viel Körperwärme, dort wo sie sein sollte. Übrig bleibt dann die erwähnte kleine Lücke für Nase und Mund zum durchatmen. Einziges Problem: wohin mit den Armen, die im natürlich im Schlafsack bleiben müssen!? Für mich als "Arm-Unter-dem-Kopf-hindurch-Leger" ist es ungewohnt, mit verschrenkten Armen zu schlafen. Es geht, ist aber auf Dauer unbequem. Man hat bloss etwas zwei Liegepositionen: links und rechts. Kein Vergleich zum Luxus, der mich in der Folgenacht erwarten würde.

Dies war auch meine Motiviation für heute. Ohne dieses Ziel vor Augen, wäre es ungemein schwieriger gewesen, auf den letzten 80 Kilometern gegen diesen - Tschuldigung - verdammten Wind anzukämpfen. Das Wetter war zwar traumhaft: keine Wolke am Himmel. Kein Wunder, der starke Ostwind hat alle weg geweht. Ein paar Mal musste ich laut fluchen, ehe ich auf eine bessere Idee kam, mich abzulenken. Ich entwickelte eine kleinere Spielerei: jedes Mal wenn mich wieder ein Böe aufregte, nahm ich stattdessen einen Schluck Almdudler :-)

Der Almdudler-Vorrat reichte, bis ich dieses Schild sah:
















Danach "nur" noch zum Stephansdom in der Stadtmitte radeln und zum im Voraus gebuchten Hotel. (Zum Wahrzeichen Wiens deshalb, weil ich dort, die Alpen-Tour begonnen hatte.) Doch es kam anders. Mit Radeln war ab Stephansdom erstmal Schluss; zu viele Touris! Dann irgendwie durch das Historische Zentrum Wiens, der Mariahilfer-Strasse entlang bis zu meinem vermeintlichen Hotel, das Austria Trend Hotel Anatol in Nähe vom Westbahnhof. Erst bin ich fälschlicherweise im falschen Hotel an der gleichen Strasse gegenüber gelandet. Die Receptionsdame verwies mich dann an das Hotel schräg gegenüber. Schade, denn die Lobby versprach ein schickes Hotel. Im "Anatol" dann der vorübergehende Hammer: wir sind ausgebucht, weil unsere Buchungssystem weiter Reservierungen annahm, obwohl bereits alle Zimmer belegt sind. Ich war etwas angepisst. Ich wurde per Taxi ins Partnerhotel "Rathauspark" der gleichen Kette chauffiert. Das Fahhrad (bewusst) und die Identitätskarte (weniger bewusst) liess ich im Anatol. Völlig verschwitzt komme ich also im "Rathauspark" an und bin äusserst angetan, von der Junior Suite, die sie mir stattdessen zur Nächtigung zur Verfügung stellten. Es sei das grösste Zimmer, das sie hätten ...

Junior-Suite im Hotel "Rathauspark", glaub 290€ pro Nacht. So viel würde ich nie für ein Zimmer ausgeben ;-) Aber für 120€ nimmt man auch das ...
Es schlief sich herrlich. Die Arme konnten dort sein, wo ich sie wollte. Kein Auf- und Abbau der Behausung. Kein ausrollen des Schlafsackes. Kein aufblasen der Iso-Matte. Auch der nächtliche Toilettengang war ohne Unterkühlung machbar. Am Folgetag ging mit Kontrastprogramm weiter: viel Laufen, wie es sich bei einem Stadtbummel halt gehört. Den Tag beendete ich schliesslich im Dampfbad der Therme Wien.

Mit Bier geht's auch nicht besser gegen den Wind :-)
Letzte Mittagsrast in Trunn, 40 km vor dem Ziel 
Letztes Donau-Bild: Hinter dem Hügel liegt Wien
Ich fuhr links, aber wie im Piktogramm rechts abgebildet (Gegenwind!)
Ein Ende ist immer auch ein Anfang :-)
Fahrrad vor Stephansdom  


Mittwoch, 2. Oktober 2013

Sonne, Wind und Kälte

Kein Vergleich zum Vortag was das Wetter heute betrifft: Sonne satt von Tagesbeginn an - und dazu eine Saukälte. Dabei hatte es noch zu regnen begonnen, als ich gestern abend unter der Dusche. Ein Radfahr-Kollege hatte freundlicherweise meine zum verluften und trocknen aufgehängten Rad-Klamotten in den Schärmen gebracht. Zur strahlenden Sonne gesellte sich heute ein ekliger "Biis-Wind", dank welchem ich heute trotzdem nie so richtig warm hatte. Ich fuhr durchwegs dreischichtig (Thermo-Shirt, Velo-Shirt und Wind-Stopper), dazu Armlinge damit es nicht "in die Ärmel bläst". Ein bisschen wärmer dürfte es schon sein. Im Gegenteil: heute Nacht wird es noch kälter. Für meinen Standort Krems ist sogar leichter Frost angesagt! Mein Schlafsack hat eine "Zulassung" bis -2 Grad. Keine Sorge: zur Not könnte ich jederzeit in den geheizten Aufenthaltsraum wechseln.

Um am morgen noch ein wenig länger im warmen Schlafsack liegen bleiben zu können, habe ich heute nach der kurzen Besichtigung des imposanten Stift Melk noch eine Extra-Schicht eingelegt und habe die 37 Kilometer bis Krems abgespult. 37 Kilometer heisst etwas mehr als 1.5h näher an Wien zu sein und dadurch weniger Zeitdruck, erst den Nachtzug (für Samstag auf Sonntag) zu buchen und dann ein gemütliches Hotel zu suchen. Wobei abgespult ist der falsche Ausdruck: genossen trifft es da schon eher. Die Sonne stets im Rücken hat sie die herrliche Wachau und ihre Rebberge und Obstplantagen in eine schöne Abendstimmung versetzt:


Auffallend ist, dass die Sonne mit jedem Tag nun merklich früher untergeht - auch weil ich mich immer weiter Richtung Osten bewege. Für heute sind dies gemäss http://www.sunrise-and-sunset.com/de/osterreich folgende Zeiten (in Linz war ich gestern, in Passau vorgestern):


Gestern ging die Sonne in Linz um 18:41 Uhr unter. Das heisst, zu den 2 Minuten kommen noch 5 Minuten hinzu, weil ich mich 1.33 Längengrade gegen Osten verschoben habe. Aus dem Geographieunterricht ist mir noch geblieben, dass theoretisch pro 15 Längengrade die Uhr eine Stunde umgestellt werden muss. (Kontroll-Rechnung: 1.33 / 15 * 60 Minuten = 5.23 Minuten).

Radler-Raststätte
Der Herbst steht vor der Tür
Stift Melk 
Aussicht vom Stift Melk Richtung Westen (Ybbs, Pöchlarn)

Mein nächstes Velo ;-)
Strecke: Linz, Mauthausen, Grein, Persenbeug, Melk, Krems. Distanz: 145 km. Datum: Mittwoch, 2. Oktober 2013.

Dienstag, 1. Oktober 2013

Unangenehme Tagwache

Heute morgen wurde ich etwas unsanft aus den Träumen geholt: "Hallo, aufmoch'n bitt schen!" (Oder so ähnlich, so genau mag ich mich nicht mehr erinnern - es war grad eben hell geworden ....). Ich wusste sofort, wer da etwas von mir wollte. Es war die Dame vom Campingplatz, die die Zeltplatzgebühren verlangte und ziemlich in Eile war, weil sie auf den Bus musste. Zeltplatz-Preller? Nein, es war vielmehr so, dass es sich hier eher um eine "Liegewiese mit Duschmöglichkeit" handelte. Entsprechend ist die Reception nicht durchgehend besetzt, sondern erst ab 18 Uhr bis 21 Uhr. Ich war um ca. 17 Uhr angekommen. Für Zelt aufstellen und duschen benötigte ich so knapp ein Stunde. Als ich um kurz nach 18 Uhr nochmals bei der Reception vorbeischaute, war immer noch keine Bezahlung möglich. Getrieben vom Hunger - hatte seit der Knödelpfanne zur Mittagszeit nichts mehr gegessen - lief ich dann los Richtung Stadt.

Da klopft also "frühmorgens" jemand ans Zelt und will Geld von mir: die 8€ zahlen und die Dame kann auf den Bus. Doch ich finde mein Portemonnaie nicht auf Anhieb. Verspreche, den geschuldeten Betrag in den Briefkasten zu werfen. Währenddem wettert sie. Ich schnappe Sequenzen auf wie: "zuerst die Flut, und das sowas", "wir müssen voll arbeiten, sonst reicht's nicht", "um halb fährt der Bus", "Blacky". Die Frau geht. Ich habe ganz andere Sorgen: ich finde mein Portemonnaie nicht mehr. Rechte Zelt-Innentasche: nein. Rucksack: auch nicht. Links Innentasche: Fehlanzeige. Zeltboden: nix. Dabei habe ich mir doch angewöhnt, Dinge immer am gleichen Ort zu verstauen, genau um solche Sachen zu verhindern. Offenbar nicht am Abend davor. Ich beginne zu grübeln, wo es denn sonst noch sein könnte. Vielleicht liegt es am nahen Flussufer, wo ich am Abend davor noch ein Bier getrunken habe. Ich schaue nochmals in die Zelt-Innentasche zu meiner Rechten (auf dem Bauch liegend gesehen): aha, da hat es versteckt und unnötigerweise für Spannung und Hallo-Wach-Effekt gesorgt. Ich jucke noch im Pyjama aus dem Zelt, eile Richtung Reception, höre jedoch nur "Blacky-Blacky"-Rufe, sehe leider nicht, von wo diese abgegeben werden. Ohne Kontaktlinsen sehe ich herzlich wenig. Mangels Wechselgeld werfe ich schliesslich einen 10€-Schein in den Briefkasten. Zurück beim Zelt packe ich meine Morgen-Toilette-Sachen und erledigte selbige und höre dabei immer wieder diese "Blacky"-Rufe. Danach sehe einen schwarzen Hund auf eine Dame zu rennen. Das muss Blacky sein.

Ob die Dame nun den Bus wegen mir oder ihrem Vierbeiner verpasste, sei dahingestellt. Jedenfalls ging mir der Vorfall noch einige Zeit durch den Kopf. Ich kam zum Schluss, dass es wohl besser gewesen wäre, wenn ich am Abend davor mehr als nur ein paar Minuten gewartet hätte und energischer versucht hätte zu bezahlen. Unterzuckert denkt sich's halt schlecht! Keine neue Radtour-Erfahrung ;-)

Leider spielte heute das Wetter nicht so richtig mit. Denn bzgl. Landschaft (Donauschleife Schlögen), Streckenverlauf (direkt dem Fluss entlang), Strassenqualität (durchwegs asphaltiert) und Verkehr (erst kurz vor Linz) war dies die bislang mit Abstand schönste Etappe. Erst lieferte ich mit einem Donau-Ausflugsschiff ein "Rennen", welches ich knapp für mich entscheiden konnte :-) Ich hatte auch ideale Voraussetzungen: super Asphalt, gerade Strecke, kaum Gegenwind. Wenn's nur ein paar Grad wärmer gewesen wäre. Zweistellige Temperaturanzeigen wurden heute morgen nicht registriert, dazu gab's einen bedeckten Himmel. Trotzdem sieht mein Kopf aus wie eine rote Christbaum-Kugel. Bin ja mal gespannt, wie dies morgen ausschaut: für meinen Standort Linz sind 9.8h Sonnenscheindauer vorausgesagt ...

Praktisch: diverse Werkzeuge für den Touren-Radler
Solche Ladestationen gibt es auf dem Donauradweg vermutlich mehr als Erdgas-Tankstellen im Kt. AG (11)
Grenzkontrollen gibt's schon einige Jahre nicht mehr :-)
Schmuggler aufgepasst, hier wird's ernst ;-)
Donau kurz nach Grenze zu Österreich
Perfekter Radweg (irgendwo nach Schlöger-Schlinge): Schade, spielte das Wetter nicht mit
Drei-Gänger-Velo, zwei Körbe (ja, sitzt jeweils ein Hund drin), Tramper-Rucksack, deutliche Acht im Hinterrad
Linzer-Torte auf dem Linzer Hauptplatz

Strecke: Passau, Obernzell, Schlögen, Aschach, Feldkirchen, Linz. Distanz: 105 km. Datum: Dienstag, 1. Oktober 2013.


Montag, 30. September 2013

Tagesablauf eines Radreisenden


  • ca. 4:00 Uhr - Die Blase drückt. Raus aus der Wärme in die Kälte der klaren Nacht. Abschütteln und schnellstens zurück an die Wärme
  • 7:30 - Tagwache, auf's Klo eilen; davor zwei Kontaktlinsen, Radhose, Pullover einpacken
  • 7:50 - Zeltplatz aufräumen
  • 8:35 - Zähne putzen
  • 8:40 - Abfahrt auf dem "Camping der Stadt Straubing", Ladestand iPhone: 45%
  • 8:45 - 2 km - Fahrt in die Stadt, Frühstück beim Beck
Kirschtaschn, Nussschneck', Quarktaschn
  • 9:10 - Weiterfahrt
  • 9:40 - 12 km - Windweste ausziehen (jetzt mit Thermo- und Velo-Shirt unterwegs)
  • 9:40 - Sonnencreme 
  • 10:05 - 19.1 km - Veloshirt ausziehen, Windstopper-Jacke an, sowie Windstopper für die Füsse

  • 10:22 - 23.1 km - 70% (Ladestand iPhone) - Fotohalt
Zwischen Bogen und Deggerdorf
  • 10:47 - 31.3 km - 81% - Znünipause, das iPhone lädt (der Nabendynamo und die USB-Buchse tun ihr Job tadellos)
  • 11:14 - 36.0 km - 86% - Wassertemperatur der Donau überprüft. Fotohalt.
  • 11:30 - 41.8 km - 92% - kleine Irrfahrt in Deggendorf (Bauarbeiten)
  • 11:40 - Windstopper für die Füsse ausgezogen
  • 12:05 - 51.4 km - 97% - Stopp bei Fähre in Niederalteich. Weitere Routenplanung. Fähre fährt nur auf Zuruf, aber es hört niemand hin (kein Fährmann weit und breit, auch keine anderen Leute). Laden vom GPS-Garmin. Badetuch und Velo-Shirt sind trocken, werden in die Tasche verstaut.
  • 12:34 - 52.8 km - 94% Mittagsrast bei Hengersberg in Autobahn-Raststätte. Semmelknödel-Pfanne mit Zwieben, Schinken und Ei. Dazu ein alkoholfreies Weizen.
  • 13:23 - 86% - Weiterfahrt
  • 13:50 - Pinkelpause. Ergon-Halstuch ausgezogen.
  • 14:35 - 76.0 km - 85% - Infotabel über die Römer, deren Strassenbau und den Limes gelesen (Strassen waren schnurgerade und Limes = Donau)
  • 14:55 - 78.8 km - 85% - Pause in Vilshofen, Red Bull getrunken am Donausufer
  • 15:12 - 76% - Weiterfahrt, zuvor iPhone an Stromversorgung angehängt
  • 15:51 - 93.3 km - 94% - Pinkel-, Verschnauf- und Sonnetank-/Geniesserpause
  • 16:45 - 105 km - 100% - Ankunft in Passau beim Zusammenfluss der "blauen" Donau, dem "grünen" Inn und der "schwaren" Ilz
  • 17:00 - 106.5 km - 98% - Ankunft Zeltplatz
  • 17:05 - 98% - Beginn Aufbau Zelt, Dusche; ohne Registrierung/Anmeldung, da Reception erst ab 18 Uhr offen
  • 18:00 - 95% - Erneuter Versuch der Anmeldung, erfolglos, Reception nicht besetzt. Aufbruch in Stadt.
  • 19:25 - 84% - Beendigung Stadtrundgang in Kombination mit Restaurant-Suche (letzteres hatte zwar Prioriät, aber ich tue mich immer schwer mit dem und am Schluss lande ich sowieso im erst besten)
  • 19:28 - 84% - Bestellung im Rest. "3 Linden" abgegeben: Obatzda (Bayrischer Frischkäse, lecker mit einer kleinen Brez'n. Hirschgulasch 
  • 20:10 - 73% - Fertig gegessen
  • 20:47 - 64% - Entwurf Tagebuch-Eintrag fertig gestellt
Danach noch ein bisschen Tagesverarbeitung (so lange der Laptop-Akku noch hält: momentan bei 29% mit stark reduzierter Display-Helligkeit), Tourenplanung für morgen, verdauen, etc. und dann voraussichtlich so gegen 22  Uhr ins "Bett" bzw. auf die Iso-Matte. Die Reception wird dann wieder geschlossen haben ...


Donau nach Straubing
Achtung - es wird langweilig :-)

Drei-Flüsse-Stadt Passau an der Grenze zu Österreich 
Das Hochwasser diesen Juni traf Passau besonders hart

In der Ufer nahen Altstadt sieht man überall solches...
... und allerlei "Illustrationen und Beweise"
Strecke: Straubing, Deggendorf, Hengersberg, Vilshofen, Passau. Distanz: 106 km. Datum: Montag, 30. September 2013.

Sonntag, 29. September 2013

Gegen den Wind

Schon nach den ersten Kurbelumdrehungen war klar, heute würde ein mühsamer Tag werden, was das Rad fahren betrifft. Knapp 10 Grad hatte es, die sich aber wesentlich kälter anfühlten, weil ständig ein unangenehmer Wind ins Gesicht blies. Jetzt wo die Tage kürzer sind als die Nächte, vermag auch die schräg stehende Sonne nicht mehr so stark erwärmen. Um bei längeren Pausen nicht auszukühlen, muss ich den warmen "Ergon-Kuschelpulli" anziehen.

Nicht nur kühl ist der Wind von vorne, auch bremsen tut er ordentlich. Etwa jede 5-te Kontraktion des Oberschenkels ist "für'n Wind" :-) Oft finde ich im Unterlenker wieder, den Blick alternierend auf Vorderrad und Tacho, der selten mehr als 30 km/h anzeigt, oft näher bei 25 km/h ist. Mit gesenktem Haupt kann ich die nette Landschaft nicht so sehr geniessen, wie sie es verdient hätte. Nach Kehlheim ist der Fluss schiffbar, die ersten Frachtschiffe und Passagierboote kommen mir entgehen. Die Wasserrinne wird breiter, Brücken seltener und gleichzeitig grösser. Jetzt erinnert das ganze schon eher an einen grossen europäischen Fluss. Auch der Radweg führt nun des öfteren direkt am Hauptfluss oder einem der zahlreichen "Parallelgewässer" (Auenlandschaften, alter Flusslauf, Kanal und solches Zeugs) entlang.

Vor Kehlheim zwängt sich der Fluss durch den sog. "Donaudurchbruch": er wird flankiert von imposanten Felswänden und skurillen Gesteinsformationen. Um diese Naturschönheit besser beobachten zu können, verlade ich meinen Lastesel beim Kloster Weltenburg auf's Schiff und geniesse die kühle, weil windige, halbstündige Bootsfahrt.

Beim Kloster befindet sich die älteste Klosterbrauerei der Welt. Ich halte mich aber strikt an den Grundsatz "unterwegs keinen Alkohol". Schade, hätte das Bier gerne probiert :-) Aber auch nach dem Radeln kommt man im "Bier-Land" Bayern auf seine Kosten, was die Biervielfalt betrifft. Fast jede Stadt hat ihr eigenes Bier. Unterwegs weisen kaum zwei Wirtshausschilder die gleiche Biermarke auf (Paulaner und Schneider mal ausgenommen). Auch kulinarisch lasse ich mir es schmecken: Vorgestern Leberknödel, gestern Ochsenrippchen, heute Schweinsbrüstl. Deftig, aber gut und eher weniger "Leistungssport-tauglich". Ausser heute Mittag beim Kloster: da gab's Spaghetti ;-)

Vogel-Villa
Lecker: frische Erdbeeren direkt vom Feld 
Donaudurchbruch vor Kehlheim 
Bier-Automat (ausser Betrieb): ich vermisse die heimischen Selecta-Automaten (und Dorfbrunnen mit Trinkwasser sind auf Mangelware) ...
... dafür gibt's haufenweise Wegweiser zu Biergärten und Eiscafés
"Griass Gott" im katholischen Bayern 
Abendstimmung über der Donau bei Straubing
Flusslandschaft vor Straubing
Das lokale Bier :-)
v.l.n.r: Sauerkraut, gemischter Salat, Semmelknödel, 2 Schweinsbrustl (nur halb im Bild: Weissbier)
Strecke: Ingolstadt, Neustadt, Kehlheim, Regensburg, Straubing. Distanz: 140 km. Datum: Sonntag, 29. September 2013.

Freitag, 27. September 2013

Volksfest, Ruhetag und Speiche locker

Entlang dem Radweg von Dillingen nach Ingolstadt gibt es nicht viel zu berichten. Etwas mühsam durch leichtes Hügelgelände oder dann flach einer Hauptstrasse entlang mit entsprechend viel Verkehrslärm. Zudem Wetter, bei welchem ich zu Hause nicht unbedingt auf's Rad gestiegen wäre. Es herbstelet: die Wege sind feucht, von einigen Blättern bedeckt, bedeckt auch der Himmel. Zudem bloss knapp 10 Grad. Keine Sonne, die einem aufwärmen kann. Beim Pause machen kühlt man schnell aus.

Meine Beine, insbesondere die Waden, verlangten nach einem Ruhetag. Der Kopf sagt aber, nö, ich will weiter vorwärts kommen. Doch die Vernunft obsiegte. Die Schilder "Volksfest, 27.9. - 6.10." (10 Tage Fest, jedes Jahr, auch im Frühjahr! - Züri-Fest: 3 Tage alle 3 Jahre) machten die Entscheidung einiges leichter. Denn ich tue mich immer schwer einen Tag der Ruhe zu "opfern". Ich will vorwärts kommen. Doch man muss sich auch zwischendurch Zeit nehmen, das Erlebte verdauen und dem Körper etwas Ruhe gönnen. Ich bin schliesslich im Rad-Urlaub, und nicht an einem Rad-Rennen. Von der Strecke her bin ich ca. in der Hälfte. Zeit bleibt also genügend.

Dass Volksfest ist, merkt man u.A. auch daran, dass bloss 2500 Zuschauer dem Eishockey-Spiel der obersten Deutschen Liga zwischen dem ERC Ingolstadt und dem Tabellenführer aus Krefeld beiwohnen. Das Stadion ist halb leer, die Stimmung trotzdem gut, weil die Kurve gut gefüllt ist und die Fans beinahe durchgehend klatschen und johlen. Auch der diskussionslose 3:0-Sieg tut das übrige zur guten Stimmung bei. (Ok, viel mehr waren bei den ersten beiden Heimspielen auch nicht gekommen: 3500 - da hat ja Lugano mehr Zuschauer :-) König Fussball regiert, insbesondere in Bayern.)

Am Samstag morgen dann ein kleiner Schock: es klimpert und knarrt beim Hinterrad. Es tönt verdächtig nach lockerer Speiche. Und ja, eine Speiche lässt sich einen Zentimeter hin und her verschieben. Google ist in einer solchen Situation dein Freund und Helfer. Allerdings schickt er (oder sie?) mich zuerst in ein Wohnquartier zu einer Privatadresse ohne von aussen erkennbare Radwerkstatt o.ä. Der nächste in der Liste ist der Brenner, ein waschechter Bayer :-) mit hunderten von neuen Fahrrädern im Laden. Schade dauert es bloss 10 Minuten, die Speiche nachzuziehen. Ich hätte mich gern noch ein wenig umgeschaut im Laden ;-) Danach hatte der Besitzer noch mein Rad gemustert: "Ist aber ne sportliche Position für'n Reise-Radl. Was bezahlst in der Schweiz für sowas? Warum hast'de die Avid-Scheibenbremse montiert?" Davor hatte er einem Laien ein vollgefedertes MTB aufgeschwatzt bzw. erklärt, was mir wie ein kleines Lustspiel vorkam. Zum Schluss meinte er noch, mit dem Hinterrad werden sie nochmals Probleme kriegen. Es ist halt nicht ganz risikolos, mit einem nigel-nagel-neuen Fahrrad auf Tour zu gehen. Lektion gelernt und in die Liste aufgenommen!


Biergarten mit Donaublick - Herz, was willst du mehr?
Schloss Neuburg vor Ingolstadt
So kann man "Rad'l" auch buchstabieren :-)

 Nachfolgend ein paar Impressionen vom Umzug im Rahmen des Volksfestes:






Strecke: Dillingen, Donauwörth, Neuburg, Ingolstadt. Distanz: 99 km. Datum: Samstag, 27. September 2013.