Mittwoch, 26. Juni 2013

Defekte und Verluste

Nicht der Körper (inkl. Kopf) muss auf einer solchen Tour Höchstleistungen erbringen, auch das Material wird strapaziert. Das naheliegendste ist mir zum Glück erspart geblieben. Ich hatte nie einen Platten. Als Hinterreifen habe ich einen 25er "Schwalbe Durano" montiert. Vorne habe ich mit dem "Bontrager R3" Original-Reifen dran gelassen. Die Original-Schläuche habe ich gegen etwas dickere und damit widerstandsfähigere ausgetauscht. Ich fuhr (glaub) mit 7-8 bar Druck. Da ich den Durano zuvor schon einige Monate gefahren hatte, operierte ich vor der Abfahrt alle Steinchen und Metallteilchen aus dem Profil heraus - immerhin vier Stück. Die hätten sich sonst bestimmt noch weiter in die Kaskade rein gefressen und so für eine unangenehme Überraschung sorgen können - schlimmstenfalls bei Gewitterregen im freien Gelände ohne Möglichkeit irgendwo in den "Schärmen" zu  flüchten. 

Hier eine Auflistung was alles kaputt oder verloren gegangen ist:

Velo-Handschuhe verloren
Den rechten verloren in Heiligenblut irgendwo zwischen Ankunft und Hotelbezug. Billig-Ersatz für €9.90 in Bruneck gekauft. Zu Hause gibt's jeder welche von "Roeckl". 

Löcher in Armlingen
Beim den Arm hoch ziehen gab es Löcher auf Höhe des Ellbogens. Nicht gross störend, zeugt aber nicht von Qualität. Würde nicht wieder welche aus Merino-Wole kaufen. Die günstigen von "Hürzeler" halten bis jetzt und kosteten weniger als die Hälfte. 

Abgenutzte Radhose
Nalini-Stoff nahe Naht zum Polster durchgescheuert. Normale Abnutzung. Schade, hat gut gepasst diese "Hinter-Sattel-Hose"-Kombo. Ersatz im "besten Radladen in ganz Südtirol" (Aussage Hotelbesitzer) in Eppan gekauft von Gore. Nicht schlecht, aber eine Nummer zu gross. 

Dunkle Sonnenbrille verloren
In einem Tunnel zwischen Tiefencastel und Thusis vom Lenker gefallen. Erst nach Tunnel gemerkt. Ersatz im Coop Gstaad von Polaroid. Sehr zufrieden, wenn auch keine "Rennrad-Optik". 

Bruch der orangen (hellen) Sonnenbriile
Bei voller Fahrt fiel rechtes Brillenglas aus der Fassung. Abgebrochen. Das andere Glas zeigt auch schon Risse an gleicher Stele. Qualität? Variolux. Behelfsmässig mit Isolierband repariert. Sieht komisch aus, stört aber nicht. 

Abgenutzte Adapterplatten an Schuhe
SPD-SL ist nicht gemacht für Touren. Starke Abnutzung durch "Sight-Seeing" (nicht übermässig) beim gehen auf Strassen. Vorsorglich Ersatz in Eppan besorgt zusammen mit Radhose. Montiert nach zwei Dritteln der Strecke auf Jaunpass. 

Fettpolster an Bauch und Rippe "geschmolzen"
Vor allem beim bergauf fahren. Mangelnder Nachschub in Form von Nahrung ;-)





 





Ziel erreicht: "it's a Nice"

http://www.velowaerts.ch/2013/06/logbuch-dienstag-25-juni-2013.html

Die Topographie wird flacher. Der Horizont ist bewaldet und grün, statt felsig-grau bzw. schneeweiss Man ist sich sicher, dahinter können sich keine Berge mehr verstecken. Ein tolles Gefühl, wenn man weiss, dass sich hinter den Hügelzügen das Mittelmeer befindet. Dort, wo sich die Alpen ins Meer absenken gewissermassen.

Dann ist es soweit: mit dem flachen Col de Castillon (706 m) ist das letzte Hindernis überwunden, den kurzen Scheiteltunnel durchqueren, gefolgt von einer Linkskurve und ein paar Metern den Berg hinab rollen - und dann überwältigt mich der Anblick des Meeres. Ich muss für einige Minuten inne halten. Freudentränen kullern über die Wangen. Ich schluchze. Kann es kaum fassen. Auch jetzt wo ich diese Zeilen schreibe einen Tag später immer noch nicht recht. 

Dann muss ich mich sammeln für die Abfahrt hinunter an die Küstenstadt Menton. Noch einmal vollste Konzentration ist gefragt. Der Verkehr nimmt langsam zu. Anstelle der Motorräder treten nun die lärmenden und stinkenden Vespas und Moto-Roller. Nachdem ich die Energiespeicher wieder aufgefüllt hatte (ein Pack Guestsli und eine Magnum-Glace), zog ich Schuhe und Velo-Shirt aus und hüpfte ins Meer. Herrlich! Dann noch ein paar (Selbstauslöser-)Fotos. Die Leute rundherum haben sich sicher gefragt, was denn das für komischer Vogel ist und sich mit dem Velo ablichtet. Die haben ja keine Ahnung, welche Mühen und Strapazen, aber auch schöne Erlebnisse dahinter stecken:

- 2192 Kilometer
- 42'750 Höhenmeter 
- 104 Stunden 
- 21 Etappen
- 58'000 kcal 
- 41 Pässe 

Was auf den ersten Blick wie eine Kür aussehen mag, entpuppte sich als Pflicht: von Menton mussten noch rund 30 Kilometer bis nach Nizza zurückgelegt werden. Dazwischen liegt das zugebaute, enge, von Tunnels durchlöcherte Monaco. Und es war gerade Rush Hour. Zudem geht es ständig auf und ab. Nicht dass das ein Problem gewesen wäre, aber ich habe mir dieses letzte Stück ein wenig einfacher vorgestellt. So wurde es mit knapp 7h "Sattelzeit" die längste Etappe. Nur die Startetappe war auch in diesem Rahmen.

Vor mir liegen nun zwei Tage entspannen an der Côte d'Azur ...

Letzte Übernachtung in den Bergen in Saint-Saveur in einem *-Hotel

So kann man "Legende" auch übersetzen :-)

Die letzte Haarnadelkurve (Col de Castillon)

Das letzte Passfoto

Schattenbild

Erster Blick aufs Mittelmeer

Die Kettenschmiere am linken Bein überstand das Bad im Meer

Monaco im Gegenlicht 

Bienvenue à Nice

Nizza und ich im Gegenlicht 

Die zurückgelegte Strecke - die Lücke ist der Albulapass, wo mein GPS-Gerät meinte, keine Aufzeichnungen machen zu müssen :-(

Logbuch Dienstag, 25. Juni 2013

Start: Saint-Saveur-sur-Tinée, Alpes-Maritimes, F - 500 m
Ziel: Nizza, Alpes-Maritimes, F - 17 m
Distanz: 136 km
Fahrzeit: 6h55
Höhenmeter: ca. 2780 m
Pässe: 
- Col St. Martin, 1500 m: gleichmässig dem Hang entlang bei 6-7% Steigung; na ja, es gibt schönere Pässe
- Col de Turini, 1607 m: der letzte 1000er-Anstieg, eindrückliches Kurvengeschlängel im Wald bei gleichmässiger Steigung von 8-9%, Abfahrt auf Rally-Piste mit vielen Bremsspuren, äusserst vorsichtig gefahren
- Col de Castillon, 706 m: der letzte Pass, flach, durch mediterrane Landschaft 
Energieverbrauch: ca. 3250 kcal
Wetter: sonnig, dann bedeckt, wieder sonnig, angenehme Temperatur
Highlight: erster Blick aufs Mittelmeer
Lowlight: Rush-Hour in Monaco
Fazit: yes !!!!!!!




Dienstag, 25. Juni 2013

Dem Ziel nahe

http://www.velowaerts.ch/2013/06/logbuch-montag-24-juni-2013.html

Ich komme dem Ziel "Nizza" immer näher. Ich bin in Saint-Saveur-sur-Tinée. Von hier sind es noch rund 50 km bis an die Côte d'Azur. Nizza ist per ÖV erreichbar. Der Weg hierhin gestern (24. Juni, Guillestre - Saint-Saveur) war beschwerlich. Ich musste beissen. Den ersten Pass habe ich unterschätzt, bzw. falsch in Erinnerung gehabt. Dabei lese ich jede Passbeschreibung auf www.quäldich.de mind. zweimal. Die erste Rampe am Col de Vars war heftig mit 10% über längerer Strecke. Die ersten zwei Mars-Riegel des morgens gekauften Sixpacks fielen dem Anstieg zum Opfer. 

Im Jausier weiter südlich musste ich mich dann zwischen zwei Pässen entscheiden. Entweder über den hohen und anständig steilen Col de la Bonette oder den etwas weniger hohen Cayolle. Schliesslich wollte ich es nochmals wissen und konnte diesem Schild nicht widerstehen: 


Dass die extra für diesen Superlativ angelegte Zusatzschleife um den Gipfel wegen Schneeräumung gesperrt war, stand leider nirgends. Die 1600 Höhenmeter an der prallen Sonne auf beinahe durchgehend 8-10% Steigung waren brutal. Umso grösser die Enttäuschung, als ich dann die Schneefräsen in Aktion sah. 

Tal bei Guillestre 

Der wohl kleinste Polizeiposten ist in Vars. 

Am Bonettepass

Ab 2500 wird's immer karger

Fahrrad flicken auf 2700 Meter über Meer 

Schneeräumer in Aktion

Von der Passhöhe wären es 120 km bis nach Nizza

Riesen-Schafherde

ÖV-Plan von Nizza

Montag, 24. Juni 2013

Logbuch Montag, 24. Juni 2013

Start: Guillestre, Hautes-Alpes, F - 1050 m
Ziel: Saint-Saveur-sur-Tinée, Alpes-Maritimes, F - 500 m
Distanz: 120 km
Fahrzeit: 5h50
Höhenmeter: ca. 2750 m
Pässe: 
- Col de Vars, 2109 m: schwieriger als gedacht, längere 10%-Rampe bis auf Hochplateau, dann durch Skigebiet bzw. -Ort (8%) und am Schluss nur noch 6%, schöne Ausblicke zurück und Ok-Panorama vorne
- Col de la Bonette, 2715 m: Nr. 3 auf meiner Tour was Höhe betrifft, auch schonheitsmässig vorne dabei; Schade war Zusatzschleife auf Passhöhe wegen Schneeräumung zu, sonst wäre mit 2802 m mein Höhenrekord gefallen, dafür längste Abfahrt mit 56 km und 2300 Höhenmeter
Energieverbrauch: ca. 2900 kcal
Wetter: sonnig, ideale Temperaturen, jedenfalls unterhalb 2000 Metern, ab da auch windig kühl 
Highlight: 6 Mars und 6 Honigwaffeln :-)
Lowlight: Schneeräumung am Bonette
Fazit: Komme dem Ziel näher - Nizza ist von hier per öff. Bus erreichbar


Bildsprache

http://www.velowaerts.ch/2013/06/logbuch-sonntag-23-juni-2013.html

Die Reise neigt sich dem Ende zu. Mir fehlen die Worte, die gestrige (23. Juni, Valloire - Guillestre) Etappe zu beschrieben. Darum lasse ich Bilder sprechen (und ein wenig die Untertitel ;-)

Am Aufstieg zum Galibier

Kurvengeschlängel am Galibier

Mont Galibier mit seiner Passstrasse

Mr. Cool :-)

Galibierpasshöhe ist nicht sehr gross

Panorama von der Passhöhe 

Ich befinde mich auf der Route des Grandes Alpes

Am Col du Lautaret ("gratis" auf Abfahrt vom Galibier)

Der
 Col d'Izoard (2360 m) hat durchgehend bis zur Passhöhe einen Radstreifen

Landschaft am Izoard

Blick Richtung Süden

Auf der Passhöhe

Blick Richtung Norden

Keine Ahnung was das bezweckt - vertrauenswürdig sieht das nicht aus

"Casse Déserte" ("zerhackte Wüste") auf Abfahrt vom Izoard

Die Tour de France ist hier auch ab und zu Gast


Sonntag, 23. Juni 2013

Logbuch Sonntag, 23. Juni 2013

Start: Valloire, Savoie, F - 1400 m
Ziel: Guillestre, Hautes-Alpes, F - 1050 m
Distanz: 110 km
Fahrzeit: 5h30
Höhenmeter: ca. 2600 m
Pässe: 
- Col du Galibier, 2642 m: gut zu fahren, relativ steil, atemberaubendes Panorama, der Schluss mit mehr als 10% setzt in der Höhe noch ein bisschen mehr zu
- Col du Lautaret, 2058 m: Gratispass auf Abfahrt vom Galibier, Traumabfahrt durch ein herrliches Tal nach Briançon
- Col d'Izoard, 2360 m: einer der schönsten Pässe (Top 3), je weiter oben desto steiler, 6-12%,  bizzar-schöne Landschaft 
Energieverbrauch: ca. 2900 kcal
Wetter: Sonne satt, Temperatru(en) wie sie besser nicht sein könnte(n)
Highlight: Landschaft am Izoard
Lowlight: Töfffahrer, die Passstrassen mit Rennstrecken verwechseln (wie am Izoard)
Fazit: "So ein Tag, so wunderschön wie heute, der dürfte nie vergehen"




Windiger Höhepunkt

http://www.velowaerts.ch/2013/06/logbuch-samstag-22-juni-2013.html

Gestern Samstag morgens (22. Juni, Val d'Isère - Valloire) hatte ich keine Eile. Vom Frühstücktisch aus sah ich, wie es draussen regnete. Also ging ich zurück ins Zimmer und legte mich nochmals hin und klickte mich durch die französisch-sprachigen TV-Kanäle. Der Regen hörte bald auf, auch der Himmel zeigte erste Anzeichen von Aufhellungen. 

Knapp 1000 Höhenmeter trennten mich vom höchsten (asphaltierten) Alpenpass, dem Col d'Iséran mit 2770 m. Für einige ist dies jedoch die Cime de la Bonnette weiter südlich mit etwas über 2800 m. Doch der zählt nicht. Der dazugehörige Pass ist "nur" 2710 m hoch. Die 2800 erreicht man nur durch eine zum Zwecke des Superlativs angelegte Zusatzschleife. Wer auf besfestigter Strasser noch höher will, der geht in die spanische Sierre Nevada und bezwingt den "Pico del Veleta" mit 3384 m. 

Nach diesem Höhepunkt hiess es zuerst mal 1000 Höhenmeter frieren. Die Sonne wollte nicht so recht durchdrücken und mit knapp 10 Gard auf 2500m war es nicht allzu warm. Nach der Abfahrt ging es flach, bzw. leicht abfallend 60 Kilometer bis nach St. Michel de Maurienne auf 750m. Der Himmel klarte auf und ein mühsamer Gegenwind machte mir das Leben schwer. Er vernichtete beinahe die potentielle Energie, die ich zuvor beim Aufstieg aufgebaut hatte. Zuweilen musste man bei 4% Gefälle kräftig mittreten um anständig vorwärts zu kommen. Ich hasse Gegenwind. Ich fahre definitiv lieber bergauf als "sinnlos" gegen den Wind anzukämpfen.

Nach St. Michel de Maurienne durfte ich dann wieder bergauf fahren. Es galt den Col de Télégraphe zu bezwingen, dem Vorpass zum nächsten Höhepunkt, dem mythischen "Tour-de-France"-Pass Col de Galibier. 

Wird eingehalten

Für einige Minuten hatte ich das Schild für mich alleine. 

Auf der Abfahrt vom Iseranpass

Festung aus dem 19. Jahrhundert

Hier kann man die Energie-Gels und leeren Red Bull Dosen während der Fahrt reinwerfen

Nach jedem Kilometer informieren Tafel über den Fortschritt und das noch bevorstehende. 

Die ganz verrückten kaufen sich ein Andenken für die Vitrine




Samstag, 22. Juni 2013

Logbuch Samstag, 22. Juni 2013

Start: Val-d'Isère, Savoie, F - 1800 m
Ziel: Valloire, Savoie, F - 1400 m
Distanz: 107 km
Fahrzeit: 5h00
Höhenmeter: ca. 2050 m
Pässe: 
- Col d'Iséran, 2770 m: der höchste Alpenpass, gut zu fahren, gleichmässige Steigung, 6-7%, am Schluss setzt die dünne Luft zu und mit 8-9% wirds steiler, so fies :-) Immer mal wieder taucht eine Skipiste oder Sessellift auf, einer war gar in Betrieb und es hatte Leute auf der Piste.
- Col de la Madelaine, 1746 m: nur der Vollständigkeit halber, ist nämlich gar kein Pass, sondern eine kleine Gegensteigung auf der Abfahrt vom Iseranpass, der echte Madeleinepass liegt weiter westlich
- Col de Télégraphe, 1570 m: Vorpass zum Galibierpass, meistens im Wald, zuerst 8-9%, dann noch 6-7%, viele Radler, Töffs jedoch immer noch in Überzahl
Energieverbrauch: ca. 2700 kcal 
Wetter: erst bedeckt, dann immer sonniger und wärmer, starker Talwind
Highlight: Iseranpass
Lowlight: Gegenwind, der das Gefälle beinahe zu Nichte machte
Fazit: zwei schöne Anstiege, dazwischen viel Getrampe