Sonntag, 26. Juni 2022

Tag 6: Es erscheinen Engelchen links und Teufelchen rechts*

Wer meine Velo-Reisen verfolgt, weiss, wie schwer ich mich manchmal tue mit Entscheidungen, insbesondere, wenn es einen Ruhetag zu planen gibt. Eigentlich wäre geplant gewesen in Rom einen solchen einzulegen. Schon auf der Fahrt nach Montalcino am Tag eröffnete ich Mario, dass es wohl nicht so eine gute Idee ist, einen "Ruhe"-Tag in Rom einzulegen: zu viel Ablenkung, zu heiss, zu teuer, mit dem Velo durch die ewige Stadt. Ich denke nicht, dass die alten Römer an Velorouten gedacht haben. Ich sollte eines besseren belehrt werden bzgl. Velo-Routen, wie wir später erfahren von einer "jungen" Römerin . Item, sei's drum...



Der Ort ist das eine, der Entscheid ob Ruhetag ja oder nein, das andere: Hintern, Beine, Füsse und Verstand sagen eindeutig ja, aber da sitzt ja noch ein Teufelchen auf der anderen Schulter: das Velo-Herz und das Ego (1800 km am Riemen durchfahren hätte auch was ...) sagen leise "nein, durchfahren". Aber hey, was soll das Gezicke mit zwischen Teufelchen und Engelchen überhaupt. Im Meer baden, den ganzen Tag Gelato essen und einfach mal chillen - das ist doch auch cool! Wann ist man schon das nächste Mal mitten in Italien und kann den italienischen Lifestyle hautnah und authentisch erleben und hat erst noch einen persönlichen Übersetzer, Gesprächspartner und Freund dabei. 

Nach einigen weiteren sinnlosen Diskussionen zwischen meinen Schultern kann ich mich endlich durchringen für einen Ruhetag. Wir entscheiden uns in Ladispoli halt zu machen, 30 km nordwestlich von Rom. Der Strand ist sandig (nicht "wow!" aber solid), es hat Liegestühle, ein gutes Restaurant direkt am Meer mit schöner Abendstimmung und viele Gelaterias: was will man mehr? Wir haben richtig entscheiden! Warum nicht von Anfang an so und mal einfach der ersten Intuition vertrauen. 

 *) Danke, "Fettes Brot" für die Textzeile - Fettes Brot - Jein (Official) - YouTube

Lago di Bolsena



Lago di Bolsena

Toskana bietet immer gute Fotosujets für Liebesalbum

... oder Hintergrund-Bilder für Windows 2000


Ah, Wasser!


Wartet vergebens auf Schnee

Strand von Ladispoli

Gibts auch hier: Plastikschrott


San Quirico d’Orcia - das letzte Dorf nach Montalcino für die nächsten gefühlt 50 km


Samstag, 25. Juni 2022

Tag 5: Wein doch auf der Strade Bianche

Oh, schon lange ist’s her. Inzwischen sind wir ja gut und glücklich angekommen hier in Filadelfia, auf dem „Rist“ Italiens in Kalabrien. Rückwirkend möchte ich nicht zwingend nochmals die Strapazen durchmachen, die ich auch an meinem fünften Tourtag hatte auf dem dem Weg von Lucca durch die Toskana ins Weinbaudorf Montalcino. 



Doch wie sagt man so schön „Pain is temporary, Glory is forever“ - oder leicht abgewandelt: der Schmerz vergeht, die schönen Erinnerungen bleiben. Erinnerungen an tolle Landschaften, wie aus einem Werbefilm der toskanischen Tourismusbehörde. Oder wie wir durch eine Spenkleranlage fuhren, die zum Glück für uns falsch ausgerichtet war, nämlich Richtung Strasse. Landsitze, mit einer 100e-Meter langen Baumallee wie aus einem Mafiafilm (sorry für dieses Klischee), gut rollende glatte Strassen, aber auch die sogenannte Strade Bianche; einer Schotterpiste, die alljährlich als Unterlage für ein Velo-Massenevent mit Oldtimer-Rädern als auch für ein Profirennen mit 10‘000 Euro-Rädern dient. Wir fuhren nur ein rund 10 km langes Stück. Das reichte uns, unseren Satteltaschen und Hinterteilen. Auf mehr Gerumpel hatten wir keine Lust. Schliesslich wartete noch ein finaler und heisser Aufstieg hinauf ins schmucke Montalcino, wo wir mit leckeren Essen und einem guten Glas Wein doch verköstigt wurden. 








Wir sind auf der Via Francigena, einem Pilgerweg nach Rom 








Aussicht vom Hotelzimmer





Siena ist „sehr nah“




Montag, 20. Juni 2022

Tag 4: Hungriger Hotelfehler

Eigentlich hätte ich wissen müssen: Bed and Breakfast Unterkünfte haben beschränkte Öffnungszeiten. 



Der Tag beginnt gemütlich mit einer lockeren Fahrt hinaus aus Genua. Eins ist klar: Genua steht relativ weit unten auf der Städtetrip-Liste. Und: wir hätten Genua umfahren sollen. Grossstädte eignen sich nur bedingt zur Durchfahrt geschweige denn zur Übernachtung. Man verliert zu viel Zeit mit stop and go, wenn man etwas schönes sieht, das man gerne anschauen möchte - und das gibts bestimmt auch in Genua! - hat man keine Zeit dafür weil man ja unterwegs ist und ein grösseres Ziel verfolgt als „been-there, done-that“. Kommt hinzu, dass die Hotel-Preise deutlich höher sind als „auf dem Land“ oder am Strand. (Randnotiz und Vorwegnahme: So gesehen ist es gut, dass wir unseren Ruhetag nicht in Rom sondern am Strand in der Nähe verbringen.)

Hinter Genua wird’s richtig schön und die ersten Klischees von italienischer Küstenlandschaft werden erfüllt. Doch ich kann es nicht so recht geniessen. Die Beine mögen zwar recht gut, doch der Kopf will nicht so recht. Schon beim Frühstück habe ich mir die Option ausbedungen, nicht ganz bis Lucca zu fahren - je nach Tagesverlauf und akuten Beschwerden (sitzen, essen - sofern denn Essen überhaupt eine Beschwerde sein kann - es geht darum genügend zu essen und das richtige). Item: nach dem ersten Pass (Del Bracco, östlich von Chiavari) bzw. der tollen Abfahrt fühle ich mich ziemlich mies und bin kurz davor, von der Option Gebrauch zu machen und bereits 35 km vor dem eigentlichen Ziel Halt zu machen. 

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben - oder in diesem Fall: man soll die Nacht nicht vor dem Morgen verteufeln, oder so ähnlich … jedenfalls werfe ich eine Kopfwehtablette dem süssen Gebäck hinterher, welches ich nach der Abfahrt mit mehr oder weniger Freude runter kriege. Eine Stunde und einmal Kopf ausschalten später gehts mir schon besser und bin zuversichtlich, dass ich durchfahren werde. Die Stimmung und Energielevel wird umso besser besser nach einem Espresso Dopio mit einem Gelato direkt am Meer. Was folgt ist einzigartig: gefühlt 30 km praktisch auf gerade Strecke auf gutem Asphalt mit tollem Rückenwind eilen wir Viareggio entgegen. 

Einen überteuerten Orangensaft später (5€) buchen wir das anfangs erwähnte BnB. Leider ohne zu realisieren, dass Checkin nur bis 18 Uhr möglich ist - wir kommen aber im 19 Uhr an in Lucca. Und (bezahlbare) Hotels im pittoresken Stadtkern innerhalb der Mauern von Lucca sind Mangelware bzw. ausgebucht. So entscheiden wir uns nach einigen Hin und her und Diskussionen für ein ****-Hotel ausserhalb. Ende gut alles gut. 


Wo ist Jack Sparrow?




Letzter „Pass“ vor Lucca


Lecker essen 


Mario als Mechaniker für zwei Teenager Girls


Hier lang - Unterführung in Chiavari


Strand von Chiavari


Genua



Mille Miglia - ein Rundstrecken-„Rennen“ für Oldtimer und Sportwagen - Start war in Viareggio




Strandabschnitt vor Viareggio 


Irgendwo im Aufstieg zum Pass